Gutachtenstil

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Der Gutachtenstil muss von allen Jurastudierenden beherrscht werden. Wer in den ersten Semestern schon gut startet, wird einen erheblichen Vorteil genießen. Aber wie schreibt man eigentlich im Gutachtenstil? Was ist denn ein Gutachten eigentlich? Anhand des Rechtsgebiets Strafrecht wird der Gutachtenstil im Folgenden näher erläutert.

Gerne kannst du dir den Inhalt auch in unserer Podcast-Folge zum Gutachtenstil anhören:

Das Wichtigste im Überblick

  1. Wie funktioniert der Gutachtenstil?
    1. Obersatz im Gutachtenstil
    2. Beginn der Prüfung des Gutachtens
    3. Definitionen: Im Gutachtenstil enorm wichtig
    4. Subsumtion im Gutachten
    5. Die Konklusion / Das Ergebnis im Gutachten
    6. Zusammenfassung: Gutachtenstil im Gutachten
    7. Urteilsstil vermeiden im Gutachten

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Wie funktioniert der Gutachtenstil?

Wir besprechen in dieser Einheit den Gutachtenstil.

Alle Jurastudierenden müssen den Gutachtenstil beherrschen, denn im Endeffekt schreiben wir in unseren Klausuren ein Gutachten.

Vor allem in Anfängerklausuren achten die Korrektoren sehr stark darauf, ob der Gutachtenstil beherrscht wird. Man muss dabei alles, was man im Deutschunterricht der Oberstufe gelernt hat, vergessen.

Der Aufbau des Gutachtenstils erfolgt folgendermaßen:

  • Obersatz
  • Definition
  • Subsumtion
  • Konklusion, also das Ergebnis

Obersatz im Gutachtenstil

Das ist unser Einleitungssatz zu jedem Gliederungspunkt.  Der Obersatz gibt vor, wie die Prüfung zu erfolgen hat. Der Obersatz wird als Frage gestellt, ohne eine Frage zu stellen. Das heißt, man beginnt den Obersatz mit Sätzen, wie

  • Fraglich ist, ob der Eren die Annie getötet hat.
  • Zu prüfen ist, ob der Eren den Berthold geschlagen hat.
  • Eren könnte den Reiner bestohlen haben. Dieser Konjunktiv wird sehr oft verwendet! Wir merken das uns für später.

Hierzu ein kleines Beispiel aus dem Strafrecht:

Eren schlägt mit geballter Faust dem Reiner direkt ins Gesicht. Reiner hat erhebliche Schmerzen.

Die Sachverhaltsangabe lautet: Prüfen sie die Strafbarkeit des Eren nach dem StGB. Erforderliche Strafanträge wurden gestellt.

Beginn der Prüfung des Gutachtens

Wir beginnen unsere Prüfung mit der Überschrift:

A) Strafbarkeit des Eren gem. § 223 StGB wegen der Körperverletzung

Unter dieser Überschrift beginnen wir unsere Einleitung mit dem Obersatz:

Eren könnte sich der Körperverletzung gem. § 223 StGB strafbar gemacht haben, indem er dem Reiner mit der Faust ins Gesicht schlug.

Unsere nächste Überschrift ist der Tatbestand, in dem der objektive und subjektive Tatbestand jeweils getrennt geprüft werden.

I. Tatbestand

Eren müsste den Tatbestand erfüllt haben.

1. Objektiver Tatbestand

Fraglich ist, ob Eren den objektiven Tatbestand der Körperverletzung erfüllt hat.

Nachdem wir jetzt drei mal einen Obersatz gebildet haben und immer tiefer in die Prüfung eingestiegen sind, befinden wir uns jetzt am zweiten Punkt des Gutachtenstils:

Definitionen: Im Gutachtenstil enorm wichtig

Definitionen sind unfassbar wichtig, weil man die Strafbarkeit nur richtig erfassen kann, wenn man die richtigen Definitionen benutzt. Wenn ihr den Satz „Für Jura muss man doch voll viel auswendig lernen“ jemals gehört habt, dann passt er jetzt perfekt, denn die Definitionen müssen wirklich sitzen.

Wir haben hierzu bereits einen umfassenden, für alle Semester erforderlichen Katalog an Definitionen erstellt, den ihr einfach auf Jurepeat hören könnt. Den Link gibts hier.

Nach dem Obersatz folgen also die Definitionen. Hierfür brauchen wir unsere einschlägige Norm.

In § 223 StGB steht:

Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 

Der objektive Tatbestand hat folgende Tatbestandsvoraussetzungen. Die körperliche Misshandlung und die Gesundheitsschädigung.

Wir prüfen also weiter:

Eren müsste den objektiven Tatbestand der Körperverletzung erfüllt haben. Hierfür müsste er den Reiner körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt haben.

Die körperliche Misshandlung wird definiert als eine üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt.

Die Gesundheitsschädigung ist ein Hervorrufen oder Steigern eines pathologischen, also vom Normalen abweichenden Zustands.

Nachdem wir also die zwei Tatbestandsmerkmale definiert haben, kommen wir zum dritten Schritt des Gutachtenstils:

Subsumtion im Gutachten

Das ist eigentlich die Hauptaufgabe im Gutachten. Wir müssen lernen, Subsumtionsmaschinen zu werden. Bei der Subsumtion schauen wir, ob unser Eren im Sachverhalt die Voraussetzungen der beiden Definitionen erfüllt hat. Wir schauen also, ob der Sachverhalt zu den Definitionen passt.

Einfach zu schreiben „Eren hat mit dem Schlag eine Körperverletzung begangen“ reicht nicht.

Wir prüfen also weiter:

Eren hat dem Reiner ins Gesicht geschlagen. Reiner hatte Schmerzen. Durch den Schlag hat Eren eine üble, unangemessene Behandlung vorgenommen, die das körperliche Wohlbefinden von Reiner nicht nur unerheblich beeinträchtigt. Außerdem hatte Reiner vor dem Schlag keine Schmerzen. Sein Zustand ist jetzt also negativ von Normalzustand abgewichen.

Wir haben natürlich jetzt eine ultra ausführliche Subsumtion gemacht, um das Beispiel zu verdeutlichen. Im Sachverhalt werden meistens viel mehr Angaben stehen, die man dann richtig einordnen muss.

Nachdem wir also gesehen haben, dass die Voraussetzungen in den Definitionen von Eren erfüllt wurden, schauen wir uns den letzten Schritt des Gutachtenstils an:

Die Konklusion / Das Ergebnis im Gutachten

Hierbei müssen ausnahmslos alle Fragen, die wir in den Obersätzen gestellt haben, beantwortet werden. 

Wir gehen in dieser Prüfung davon aus, dass unser Eren auch unter „2.“ (Subjektiver Tatbestand) mit Vorsatz gehandelt hatte und prüfen also die Konklusion:

Eren hat den objektiven und subjektiven Tatbestand erfüllt. Der Tatbestand der Körperverletzung wurde erfüllt.

Damit haben wir unsere Obersätze passend abgeschlossen.

Als nächstes prüfen wir die Rechtswidrigkeit und Schuld und bejahen diese.

Die Prüfung sieht dann folgendermaßen aus:

II. Rechtswidrigkeit

Obersatz: Eren müsste rechtswidrig gehandelt haben. 

Definition: Rechtswidrig handelt jemand, wenn er keinen Rechtfertigungsgrund hat.

Subsumtion: Der Sachverhalt zeigt keine Rechtfertigungsgründe. 

Konklusion / Ergebnis: Folglich handelte Eren rechtswidrig.

III. Schuld

Obersatz: Eren müsste auch schuldhaft gehandelt haben.

Definition: Schuldhaft handelt jemand, wenn er keine Entschuldigungsgründe hat.

Subsumtion: Laut Sachverhalt existieren keine Entschuldigungsgründe.

Konklusion/Ergebnis: Eren handelte also auch schuldhaft.

Der allererste Obersatz unserer Prüfung lautete:

Eren könnte sich der Körperverletzung gem. § 223 StGB strafbar gemacht haben, indem er dem Reiner mit der Faust ins Gesicht schlug.

Diesen schließen wir nach unserer Prüfung im Endergebnis ab und sagen:

Eren ist wegen der Körperverletzung an Reiner gem. § 223 StGB zu bestrafen.

Zusammenfassung: Gutachtenstil im Gutachten

Nochmal zur Verdeutlichung.

Der Gutachtenstil ist einzuteilen in:

Obersatz

Definition

Subsumtion

Konklusion, also das Ergebnis

Urteilsstil vermeiden im Gutachten

Wir vermeiden das ganze Gutachten über Wörter, wie „weil“, „deswegen“ oder „da“. Diese deuten nämlich auf einen Urteilsstil hin.

Ein kurzes Beispiel: 

Eren hat eine Körperverletzung begangen, weil er dem Reiner ins Gesicht schlug.

Das wäre in unserer Klausur absolut fatal und manche Korrektoren freuen sich schon, den roten Stift wandern zu lassen. Ansonsten ist der Gutachtenstil reine Übungssache. Wer ihn beherrscht, wird sicher belohnt.


Um spannende und informative Themen zu liefern, gehen wir für euch immer die extra Meile. Herzlichen Dank für eure Wertschätzung! Schaut gerne vorbei, wann immer ihr Lust habt. Viel Erfolg beim Lernen und Wiederholen.🧡

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